Wenn Väter keine Rechte haben

Im Streit um das Sorgerecht für ihre Kinder hatten unverheiratete Väter bisher das Nachsehen. Sie waren allein dem Wohlwollen der Mütter ausgeliefert. Doch das soll sich nun ändern.

Acht Jahre hat Horst Zaunegger vor deutschen Gerichten um das Sorgerecht für seine 14-jährige Tochter gekämpft – zunächst ohne Erfolg. Dann zog der unverheiratete Vater vor den Europäischen Gerichtshof – und gewann. Die Richter in Straßburg entschieden: Das deutsche Sorgerecht verstößt gegen die Menschenrechte. —

Väter empfinden Ohnmacht

Einen Anspruch auf Sorgerecht haben unverheiratete Väter in Deutschland bisher nicht. Und auch das gemeinsame Sorgerecht bekommen sie nur, wenn die Mutter des Kindes damit einverstanden war. Sie entscheidet darüber, welche Rolle der Vater im Leben des Kindes spielt. Für Zaunegger ein Unding: Er will an der Erziehung seiner Tochter teilhaben, bei wichtigen Entscheidungen gefragt werden.

Das aktuelle Urteil des Europäischen Gerichtshofs öffnet Vätern nun eine neue Chance. Zwar entscheiden die Richter dort immer nur über Einzelfälle. Aber der Staat, um den es dabei geht, muss dafür sorgen, dass sich ein solcher Fall nicht wiederholt. Und so hat die Bundesregierung auch angekündigt, das bestehende Gesetz im Sinne der Väter zu ändern.

Erfolg auch für die Kinder

Für Zaunegger ist es “eine große Genugtuung”, dass die Ohnmacht, die er jahrelang empfunden hat, nun vorbei ist. Und: Er sei froh, dass zu diesem Thema endlich eine neue Debatte geführt werde.

“Es wird höchste Zeit, dass Eltern gleichberechtigt behandelt werden”, sagt auch die Familientherapeutin Ursula Kodjoe. Denn: “Diskriminierend ist nicht nur für ledige Väter, dass ihnen erschwert wurde, an der Kindererziehung teilzuhaben. Es ist vor allem für die Kinder diskriminierend, die keinen Vater haben dürfen.”

Knapp 145.000 minderjährige Kinder in Deutschland sind jedes Jahr von einer Ehescheidung betroffen. Doch damit nicht genug: Zu allem Überfluss haben vielen von ihnen keinen Kontakt mehr zu dem Elternteil, der getrennt von ihnen lebt. Häufig ist das der Vater. Denn: Mütter erhalten häufiger das Sorgerecht als Väter (s. Tabelle unten).

Dass viele Scheidungskinder den Kontakt zum getrennt lebenden Elternteil verlieren, liegt häufig an den persönlichen Konflikten der Eltern. So zeigt eine Studie mit mehr als 7000 geschiedenen Eltern im Auftrag des Juztizministeriums: Über 40 Prozent der Mütter und Väter ohne elterliche Sorge haben nur selten oder nie Kontakt zu ihren Kindern. Und: Viele Geschiedene gaben zu, dass sie selbst den Kontakt nicht wollen – und die Bedürfnisse der Kinder ignorieren würden.

Unterhalt zahlen – sonst nichts

Auch Helge M. erhofft sich durch die aktuelle Entscheidung aus Straßburg mehr Mitsprache bei der Erziehung seines Sohnes: Bisher muss er für ihn zwar Unterhalt zahlen, ansonsten aber hat er keine Rechte: Er bekommt nicht einmal Informationen über den Gesundheitszustand des Kindes, wenn die Mutter das nicht will. Sogar den Kontakt zum Sohn hat sie lange unterbunden: Zum Teil ist M. hunderte Kilometer gefahren, um seinen Sohn zu sehen und stand dann vor verschlossener Tür – obwohl ein Treffen verabredet war.

Dass die neuen Rechte den Müttern schaden könnten, glaubt Ursula Kodjoe nicht. Im Gegenteil: “Aufgrund der bisherigen Rechtslage, die der Mutter das Privileg der Erziehung zusprach, haben sich manche Väter auch aus der Verantwortung zurückgezogen”, sagt sie. Und manche Väter hätten diese Norm verinnerlicht.

Hilfe für Betroffene!? Vor allem enttäuschte, von ihren Kindern entfremdete Väter organisieren sich in verschiedenen Foren und Vereinen, darunter “Väteraufbruch für Kinder e.V.” mit bundesweit etwa 2000 Mitgliedern. Dort sind auch betroffene Mütter willkommen und werden unterstützt.

Informationen gibt es unter: www.vafk.de

Weitere Plattformen für ausgegrenzte Väter gibt es im Internet unter:
www.kuvin.de
www.pappa.com
www.aefk.eu

Hilfe für ausgegrenzte Eltern:
www.entfremdet.de
www.pas-eltern.de
www.takeroot.org

Hilfe für erwachsene Scheidungskinder gibt es unter:
www.eskhilfe.de.vu

Quelle: Stern.de

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