Spielen mit dem Papa
Männer sollen sich stärker mit ihren Kindern beschäftigen – und das will die Offenbacher Caritas fördern. Sie bietet speziellen Spielnachmittage für Väter an.
An Fantasie mangelt es dem vierjährigen Christian Vodenski und seinem Vater Vanco nicht. Stein für Stein lassen die beiden verrückte Flugzeuge und Autos aus Lego-Klötzchen entstehen. Vanco Vodenski hat sich extra eine Stunde von der Arbeit freigenommen, um sich mit seinem Jungen im Turnraum der Kindertagesstätte St. Marien zum Spielen auf den Boden zu legen. „Christian ist mein Sohn, ich will ihm nah sein“, sagt er. —
In der Turnhalle ist nicht viel los. Neben Vater und Sohn Vodenski sitzt nur Andrea Ruggeri. Er ist mit seiner Tochter Kiara zum Lego-Spielen gekommen. Doch Ruggeri muss allein Häuser bauen. Kiara ist anderweitig im Raum beschäftigt. Nach der Trennung ihrer Eltern verbringt sie zwei Tage pro Woche bei ihrem Vater. „Ich will ihr dann etwas bieten, deshalb sind wir hier“, sagt Ruggeri.
Michael Schneider von der Offenbacher Caritas ist es gewohnt, dass nur wenige Lego-Baumeister die gleichnamige Spielstunde besuchen. Sie wird seit September speziell für Kinder und deren Väter angeboten. „Beim ersten Mal kamen noch fünf Männer mit ihren Kindern“, sagt der Pädagoge, der sich auf Männerarbeit spezialisiert hat und die Spielstunde betreut. Seitdem hat er nicht wieder so viele Lego-Bauer gezählt. Die Baumeister-Nachmittage gehören zur Reihe „Starke Papas“, die die Caritas initiiert hat. „Dabei sollen Väter intensiv Zeit mit ihren Söhnen und Töchtern verbringen“, sagt Schneider.
Hintergrund des Papa-Projektes sei die Überlegung, dass Männer tendenziell nur wenig Zeit für die Erziehung ihrer Kinder haben, erklärt Schneider. Die klassische Rollenverteilung – der Mann arbeitet, die Frau betreut die Kinder – sei noch sehr verbreitet. Darunter könne Erziehungswille und -kompetenz der Männer leiden. „Doch Kinder brauchen einen männlichen Bezugspunkt für ihre Entwicklung.“
Daher hat sich die Caritas verschiedene niedrigschwellige Angebote überlegt, die Kinder gemeinsam mit ihren Vätern wahrnehmen können. „Die Männer erleben dabei, wie einfach es sein kann, sich mit dem Nachwuchs zu befassen.“ Zudem könnten Väter Erfahrungen austauschen. Diese Gelegenheit nutzten sie, so Schneider, jedoch nur selten.
Neben Lego-Bauen und Experimentierstunden gehörten ursprünglich Holzarbeiten und Trommelstunden zu den Angeboten. Letztere hat Schneider mangels Nachfrage aufgegeben. „Wir müssen uns in Zukunft stärker am Zeitplan der Väter orientieren“, sagt er. Die Caritas will das großteils vom Bundesinnenministerium finanzierte Projekt in Offenbach auf jeden Fall weiterführen – auch weil es besonders Männer mit Migrationshintergrund ansprechen und damit zu deren Integration beitragen soll. Aber es sei nicht einfach, die Zielgruppe zu erreichen, sagt Schneider.
Andrea Ruggeri hat von den Lego-Baumeistern über einen Aushang in der Kita seiner Tochter erfahren. „Wenn die Angebote am Wochenende wären, würden mehr Väter kommen“, schätzt er. Das Angebot findet er gut, auch wenn Tochter Kiara lieber im Raum herumtobt als mit ihm Häuser zu bauen. „Hier zu spielen ist anders als daheim“, sagt Ruggeri.
Derweil drängeln sich vor dem Fenster zum Kita-Turnraum andere Kinder, die gern mit Lego spielen würden. „Sagt euren Vätern Bescheid, dann könnt ihr beim nächsten Mal mitmachen“, ruft ihnen der Caritas-Mitarbeiter Schneider zu.
Weitere Information zu „Starke Papas“ unter 069/ 800 642 81.
Quelle: Frankfurter – Rundschau