Aufenthaltsbestimmungsrecht für den Vater wenn es dem Kindeswohl entspricht

Was das OLG Brandenburg (9 WF 41/10) im Juli entschieden hat wäre mit Blick auf die Details noch vor wenigen Jahren absolut undenkbar gewesen:  Einem Vater wurde für seinen Sohn (11,5 Jahre) das Aufenthaltsbestimmungsrecht zugesprochen.

Das Kind ist “psychisch labil” (depressiv). Der Vater ist mit einer Insolvenz beschäftigt. Die Mutter ist Ärztin.

Schon Punkt 2 hätte noch bis vor kurzem gereicht, um dem Vater seinen Wunsch zu verwehren, die Punkte 1 und 3 eine einzigartige Kombination, bei der man nicht damit rechnet, dass der Vater wirklich gehört wird – wurde er aber doch:
Das OLG sieht zuerst einmal, dass das Kind ausdrücklich und frei mit steter Vehemenz äußert, beim Vater und nicht bei Mutter (und Schwester) leben zu wollen.
Dabei wird – beim OLG Brandenburg inzwischen typisch – auf den jeweiligen Umgang geachtet und honoriert, dass der Vater die Umgangskontakte mit der Mutter aufrecht erhält (Hohe Bindungstoleranz), während moniert wird, dass die Mutter das umgekehrt eher verhindert, sich “der Situation verweigert” (geringe Bindungstoleranz).

Dazu stellt das OLG dann fest:
Vor diesem Hintergrund kann es dem Wohl des psychisch labilen Jugendlichen nicht entsprechen, das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihn wieder beiden Elternteilen  zu übertragen mit der Folge, erneut zumindest Unsicherheit über seinen zukünftigen Lebensmittelpunkt zu entfachen.

Im Ergebnis war das “Querstellen” durch die Mutter also mit der Grund, warum am Ende der Vater  das Aufenthaltsbestimmungsrecht zugesprochen bekommen hat – mit der Besonderheit, dass in diesem konkreten Fall die Labilität des Sohnes die Befürchtungen weckte, dass weitere Unsicherheiten auftreten, die das Kindswohl gefährden.

Es wäre deshalb wünschenswert gewesen, wenn sich die Kindesmutter dazu hätte entschließen können, den Wunsch des Jungen nach einem Leben im väterlichen Haushalt jedenfalls derzeit zu respektieren. Da dies nicht geschehen ist, sondern das Beschwerdeverfahren vielmehr dadurch gekennzeichnet ist, dass die Kindeseltern sich wechselseitig mit Vorwürfen des Inhalts konfrontieren, nicht hinreichend für ihn zu sorgen bzw. ihn „überzubehüten“, kommt der Senat im Ergebnis nicht umhin, die erstinstanzliche Entscheidung zu bestätigen.

Hinweis: Wer sich beim Umgangsrecht quer stellt (was leider üblich ist), unterliegt am Ende im Regelfall !
Und notfalls, wenn beide sich quer stellen, unterliegen auch beide.

Die Entscheidung ist eine vorläufige, in der Hauptsache wird noch endgültig entschieden.

Quellen: Gerichtsentscheidungen-berlin-brandenburg.de

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