Wenn Kinder ihre Eltern schlagen
Wir reagieren mit Entsetzen, wenn Eltern ihr Kind vernachlässigen oder misshandeln — manchmal gar bis zum Tod. Schnell werden Forderungen nach gesetzlichen Maßnahmen und einer Verbesserung des Kinderschutzes laut. Wie greift man wirksam ein, bevor die familiäre Situation eskaliert? Wie erkennt man Risiken, wie fördert man frühzeitig die Erziehungskompetenz der Eltern?
Auch Elternmisshandlung ist ein Tabu-Thema, welches in den letzten Jahren zunehmend in der Fachwelt sowie in der Öffentlichkeit zu Diskussionen führte. Die Entstehungsbedingungen von Elternmisshandlung sowie die Auswirkungen auf das familiäre Leben werden nachfolgend dargestellt. — Sie wurden bereits mehrfach erforscht, sind gut dokumentiert und es gibt randomisierte Langzeitstudien mit einer großen Anzahl an beteiligten Kindern, Eltern und Helfenden. Wir reagieren mit Entsetzen, wenn Eltern ihr Kind vernachlässigen oder misshandeln — manchmal gar bis zum Tod. Schnell werden Forderungen nach gesetzlichen Maßnahmen und einer Verbesserung des Kinderschutzes laut. Wie greift man wirksam ein, bevor die familiäre Situation eskaliert? Wie erkennt man Risiken, wie fördert man frühzeitig die Erziehungskompetenz der Eltern? Wie lassen sich institutionelle Hilfen verbessern? Es werden die Unterschiede und Abgrenzungen zum Thema Häusliche Gewalt beleuchtet sowie deren Auswirkungen auf Interventionsstrategien thematisiert. Auch werden die Grundlagen für die Interventionen bei betroffenen -Familien sowie die konkreten Interventionsmöglichkeiten dargestellt.
Dieser Sammelband – herausgegeben von Ute Ziegenhain und Jörg M. Fegert, welche an der Ulmer Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/ Psychotherapie tätig sind, – befasst sich nun sehr überzeugend mit den unterschiedlichen Aspekten von Kindeswohlgefährdung und Vernachlässigung.
19 Fachleute konnten hierfür gewonnen werden, welche ihre einzelnen Beiträge in den Kapiteln
“Gesetzliche Voraussetzungen”,
“Risikoeinschätzung”,
“Prävention und Intervention durch frühe Förderung von Feinfühligkeit” sowie “Umgang mit Kindeswohlgefährdung in der Praxis und
“Implikationen und Perspektiven für den Kinderschutz”
eingeordnet haben.
Der erste Beitrag des Frankfurter Professors Ludwig Salgo setzt hierbei eindeutige Maßstäbe. Weder der Beliebigkeit und allgemeiner Forderungsfloskeln redet er das Wort, noch stellt er unerfüllbare theoretische Ansprüche zur Diskussion. Vielmehr geht es ihm um einen wirklich adäquaten, professionell gestalteten Vorgehen bei Kindeswohlgefährdungen. Hierbei lässt er auch nicht außer Acht, dass es im Studium, in der Fort- und Weiterbildung sowie beim Prioritätenwechsel durch die Einführung des Kindes- und Jugendhilfegesetzes zahlreiche Versäumnisse gab und gibt. Allein die ressourcen- und klientzentrierte Vorgehensweise genügend bei Gefährdungssituationen nur bedingt. Ebenso sei bei der Einhaltung des Datenschutzes die Berücksichtigung des Kindeswohls in Gefährdungssituationen vorrangig.
In den weiteren juristisch orientierten Beiträgen geht es dann um die Besonderheiten bei Kooperationen, die klare Definition von Begrifflichkeiten (unter Berücksichtigung gesellschaftlicher Wandel).
Die nächsten Fachbeiträge setzen sich mit den Aspekten der Risikoeinschätzung auseinander. Insbesondere die psychologischen und ärztlichen Einschätzungen von Gefährdungen bei Kindern unter 5 Jahren stehen hierbei im Mittelpunkt.
Welche Möglichekiten sich durch rechtzeitige Prävention, zum Beispiel in Form von Elternbildung ergeben, wird in den nächsten Abschnitten erläutert. Spezifische Gesichtspunkte für Familien mit behinderten Kindern sowie für Kinder von psychisch kranken Eltern werden klar verständlich aufgegriffen.
Wer sich nach diesen 150 Seiten mit der wissenschaftlich-forschenden Seite genügend befasst hat, wird sich über die zahlreichen praktischen Hinweise und Beschrebungen von bewährten Initiativen freuen.
Das Buch ermöglicht eine intensive, perspektivenreiche Auseinandersetzung mit der Thematik und drückt sich nicht vor klareren Positionen.
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